
ANNETTE VONBERG
Author
Olaf Bull
(1883-1933)

Henrik Lund, Der Dichter Olaf Bull (1911)
Olaf Bull wurde 1883 als Sohn von Maria Augusta Berglöf und dem Schriftsteller Jacob Breda Bull im damaligen Kristiania (Oslo) geboren und starb 1933 in Oslo. 1899 veröffentlichte er seine ersten Gedichte in einer Schulzeitung. 1909 gab er seine erste Gedicht-sammlung Digte heraus, die sofort Aufsehen erregte und Bull über Nacht berühmt machte. Ihr folgten 1913 die Gedichtsammlungen Nye Digte und 1924 Stjernene. 1930 veröffentlichte er die Gedichtsammlung Oinos og Eros, und seine letzte Gedichtsammlung Ignis Ardens erschien 1932.
Obwohl er seit dem Erscheinen seiner ersten Gedichts-ammlung als einer der bedeutendsten Lyriker der norwegischen Literatur galt, kämpfte Bull immer wieder mit massiven finanziellen Problemen. Er litt zeit seines Lebens unter Angst und Depression und entwickelte eine zunehmende Neigung zum Alkoholismus. Er lebte in vielen Städten Europas, in Rom, Kopenhagen und Paris und arbeitete zeitweise als Journalist. Bull warnte früh vor dem Vormarsch des Faschismus in Deutsch-land und Italien und der "Massenerziehung zum Hass" durch den russischen Kommunismus.
Abgesehen von seiner Kriminalerzählung Mitt navn er Knoph (1914) und seinen zwei Novellen Barnet und I mørke (1916) schrieb Bull vor allem Gedichte. Das hier vorgestellte und von mir zur Frankfurter Buchmesse 2019 übersetzte Gedicht Metope (1927) gehört zu seinen berühmtesten.
METOPE
Dich will ich sanft in Rhythmen nageln,
dich will ich tief und bleibend
im ewigen jungen Alabaster der Dichtung bewahren,
du sonnenbewegte Schwärmerin! Deine Stirn mädchenhaft
dem bleichen Gold des Abends zugewandt,
hälst du mild einen Himmel dem anderen entgegen,
ebenso licht und zart und voller Geheimnis.
All meine Gedichte gäb ich dafür, vermöchte ich nur das eine:
deinen wachen, zartgestaltigen Sinn als weiche Metope
ins trotzige Gestein der Erinnerung zu schlagen.
Wir wandern bei Ebbe durch den feuchten Sand.
Du lauschst dem luftigen Wellenschlag des Sommermeers
Wir empfinden es fromm, wie die Abendstille
ihre tönende Grenze immer weiter hinausfließen lässt,
das Klingen verblassender Laute, hinter gerötete Haine
zurückgleitend, goldene Kirchturmspitzen –
und die leuchtenden Wellen der Luft sinken sanft,
Sonnenbäche von Gebirgen, die bleiben.
Die Berge in der Entfernung, blau, die Sterne nah.
Die letzten Wolken eilen heimwärts dem Abend zu.
Die Wiesen stehen in Andacht, und aus der fedrigen Luft
steigt der Große Bär. Sanft atmet
hinter der Mauer aus grauem Geröll
im silbernen Flaum des Roggenfelds ein Wind.
Durch deinen Blick geht warm und tief Begeisterung,
über das blaue Dunkel deines Auges zieht
ein unruhiger Schimmer, ein feuchter Honigglanz,
und still frage ich dich: „Freundin, woran denkst du?“
„Ich denke an Abende wie diesen, die ich nicht mehr leben darf – ,
an reife Felder, auf denen das Korn rauscht, ohne mich.
An rührende, leichte Dinge: Ähren, die brechen,
Wege im Meer, helle Segel weit draußen,
an Wellen, die dem Strand zuströmen, ohne mich.
An den Tag, Freund, der milde weiterfließt
hinter dem Grab, denke ich, und an all die tiefen, blauen
Abende, die den Sommergarten hier auch dann füllen werden,
denke ich, wenn mein Blick nicht mehr in dem deinen ruht.
All das füllt mein Auge, wie mit Tränen,
ich, einsam und arm und voller Angst, werde gleich weinen.
All die Dinge, die an diesem Abend die unsrigen sind – –
nach wenigen, berauschenden Jahren kommt die Stunde,
wenn der Nebel fließt und der Blick sich klärt.
O Geliebter, sieh, wie tief und schwarz diese Ebbe!
Wie wunderlich der Strand, ohne das Wasser!
Und wer weiß, wie nah der furchtbare Abend, an dem wir,
verlassen von allem, öder daliegen als dieser Strand!
Und doch ist es ein süßes und seliges Wunder,
dass sich die Wiesen hier, mit Korn und Busch und Baum
und den Bergen dahinter, so weit, wie der Blick reicht,
köstlich von unseren kurzen Sekunden betauen – –
Sieh die Birke da: so sehr die unsrige!
Und der Lattenzaun! Jener alte Handwagen dort,
ins Gras geschoben, und die hohen Heustangen,
die sich stetig gegen die Vogelbeeren lehnen,
und die Grube, die grün ist, wie zuvor, in allen Jahren.
Könnte ich wild die Grabestiefe beschwören, Freund,
wollte ich zu der Lichtung werden, voller Gräser,
zur sterndurchfunkelten Birke dort und zu jenem Gebirg,
nur um so, auf andere Weise, unseren heiligen Garten
gegen das Eine zu schützen: zu sterben – – .
Nehme mich in deine Arme und halte mich fest!
Darin, so gehalten zu werden, liegt, ich weiß,
der einzige Hoffnungsschimmer: die hastige, heiße Strahlezeit,
in der es glückt, in mir eine andere Ewigkeit zu erwecken.“
Und ich, ein lebendiger Mann, zu Hause auf der Erde,
deutlich ein Mann von Fleisch und Blut, von Kopf bis Fuß,
fühle mit Schwindel und Scheu in dieser Umarmung,
wie etwas, das nur Blick und Gemüt und Stimme ist,
sich in schmerzliche Angst und Ahnung auflöst.
Du Einsame! Das einzige, was ich vermag, ist stumm
über dein duftiges Haar zu streichen, deine Hand in der meinen.
Und so, Auge in Auge, stehen Pan und Psyche
vor einem Meer aus Korn im Licht der Sterne.
METOPE
Dig vil jeg ømt i rytmer nagle fast!
Dig vil jeg dypt og blivende bevare
i digtets evige, unge alabast!
Du solbevægede sværmerske! Med panden
pikelig vendt mod kveldens bleke guld,
vender du mildt en himmel mot en annen,
likesaa lys og øm og løndomsfuld!
Gjerne ga jeg min verdens vers tilhope,
hadde jeg magt til ét: at hugge ind
i mindets trodsige sten en myk metope
over dit vare, omridsømme sind!
Vi vandrer i fugtig fjæresand! Du lytter
til sommersjøens luftige bølgesprut!
Vi føler det fromt, at kveldens stilhet flytter
sin tonende grændse altid længer ut!
Det kimer af falmet lyd, som glir tilbake
bak rødmende lunde, gyldne kirkespir –
og luftens lysende bølger synker svake,
som bækker af sol fra bjærgene, som blir!
Aaserne blaaner. Stjernerne er nære!
De sidste skyer skynder sig hjem tilkvelds!
Engen har andagt – op af luftens fjære
stiger Arcturus! Lindt, bag graastensgjærdet,
aander en vind i rugens sølvgraa pels!
Gjennem dit blik en varm og dyb beaandning –
midt i et mulm af blaat kan øiet faa
et drivende stænk, en fugtig glans af honning,
og stille spør jeg dig «Ven – hvad tænker du paa?»
«Jeg tænker paa kvelder som denne, jeg ikke faar lov til at leve –
paa modne marker, som bruser af korn, uten mig!
Paa rørende, lette smaating: Aks som knækkes,
veier i sjøen, bleke seil derute,
bølger, som strømmer mot stranden uten mig!
Hverdagen, ven, som mildt blir ved bak graven,
tænker jeg paa, og alle de dype, blaa,
kommende kvelder her i sommerhaven,
uten mit sind mot dit, tænker jeg paa!
Det hele fylder mit øie som en taare,
jeg, ensom og angst og arm, skal graate snart!
Alle de ting, som nu ikveld er vore – –
om faa, berusende aar staar stunden fore,
da taakerne glir, og øiet kan se klart!
Aa, elskede, se, hvor dyb og sort en fjære!
Saa underlig stranden blev, da vandet faldt!
Mon rædslens kveld er fjærn, da vi skal være
en styggere strand end dén, forladt af alt?
Allikevel er det et sødt og saligt under,
at engene her, med korn og krat og trær,
og bjærgene bak, saa dypt som blikket bunder,
dugges saa sødt af vore smaa sekunder – –
bare den bjærken dér, hvor vor den er!
Og skigarden da! Den gamle redskabsvognen
ligger i græsset støt, og stadig staar
de svære hesjestængerne op i rognen,
og grøften er grøn som før, i alle aar!
Aa, ven, lot gravenes dyp sig vildt besværge,
vilde jeg bli til vangen her, med hø,
til bjærken dér, med stjernerne i, og bjærget,
bare for slik, paa annen vis, at værge
den hellige haven vor, for dét: at dø – –!
Ta om mig, ven, og hold mig! Saan at trykkes
er snart det eneste glimt af haab, jeg vét –
den hastige, hete straalestund, det lykkes
at vække i mig en annen evighet!»
Og jeg, en levende mand, paa jorden hjemme,
en tydelig mand af kjød, fra taa til top,
kan, svimmel og sky, i favnen min fornemme,
noget, som bare er blik og sind og stemme,
i smertelig angst og anelse løst op!
Du ensomme! Alt, jeg kan, er stumt at stryke
dit duftige haar, med haanden din i min –
og, øie til øie saan, staar Pan og Psyke
foran et hav af korn, i stjerneskin!